Posted by kobold_spellweaver / No comments

2019-11-27

Bleiben Kiwis gerne unter sich? Erste Eindrücke aus zweiter Hand…

Posted in Neuseeland, Travel

Wir sind natürlich auch in Neuseeland, um neue Leute zu treffen und dem sind wir in den letzten 10 Tagen nachgegangen. Tja, leider alles keine waschechten „Kiwis“, aber Leute, die mehrere Jahre oder Monate hier leben und arbeiten. Zuerst haben wir uns mit der Familie eines ehemaligen Arbeitskollegen von Kai getroffen, der hier in Auckland für Daimler arbeitet. Die drei leben in einem sehr schönen Haus recht zentral in Auckland und haben nach sechs Jahren noch keine Absicht, wieder nach Deutschland zurück zu kehren. Ihr 7jähriger Sohn geht hier in die Schule und spricht fließend Englisch (mit perfektem Kiwi-Akzent), die Eltern sind sehr zufrieden. Beide sagen aber auch, dass es nicht so einfach war, zu Kiwis Kontakt zu bekommen. Erst nach sechs Jahren haben sie nun zwei Kiwi-Familien, die sie als Freund bezeichnen würden. Insgesamt hält man es da wohl mit Freundschaften recht locker und fühlt sich zu nichts verpflichtet. Diese deutsche Familie findet die Natur und deren Erholungswert hier jedoch gigantisch und möchte hier noch eine Menge erleben. Können wir nachvollziehen 🙂

Interessant war auch ein längeres Gespräch mit einer ehemaligen Shanghai-Chinesin aus unserem „Viertel“. Hier bei uns am Forrest Hill (kein Schreibfehler, der Hügel ist nicht nach „Wald“ benannt, sondern nach einem Leutnant, der im ersten Weltkrieg gestorben ist) gibt es eine Menge Chinesen, wie insgesamt in anderen Teilen von Auckland aber auch. Die Chinesen bilden offensichtlich eine Personengruppe, die hier in Neuseeland als zu stark vertreten angesehen wird. Die Einwanderung wird daher auch beschränkt und die Möglichkeit, Eigentum zu erwerben, eingeschränkt. Die Chinesen selbst nehmen das auch so wahr, sie fühlen sich nicht akzeptiert und sogar unsicher, die besagte Nachbarin hat ne Menge Sicherungssysteme an ihrem Haus und spricht von einer „unsicheren Gegend“. Sie fragte mich sofort, ob wir nicht einen totalen Kulturschock erlitten hätten, als wir angekommen sind. Ihnen wäre das bei ihrer Übersiedlung von Shanghai nach Auckland so gegangen vor sechs Jahren und würde bis heute anhalten: „Man meint doch nicht, dass dies ein 1. Welt Land wäre, oder?“ Und ja, sie hat ein wenig recht, wir waren von einigen Teilen Aucklands auch eher geschockt: Die Häuser wirken ungepflegt, die Gärten verlottert, in den Auffahrten liegt Sperrmüll. Ist man als Badener mit Kehrwoche halt alles nicht gewohnt. Dass das aber ausgerechnet eine Chinesin seltsam findet, die aus einer Stadt kommt, in der Menschen in Käfig-ähnlichen Wohnungen in riesigen Hochhäusern leben, wo man Hunde isst und politische und religiöse Gegner inhaftiert werden, das fand wiederum ich seltsam. In Auckland lebt nämlich eigentlich fast jeder in einem freistehenden Haus, es gibt für eine Großstadt auffällig wenig Appartment- oder Hochhäuser. Darin haben sie den Chinesen auf jeden Fall was voraus. Aber man hält sich voneinander fern. Chinesen bleiben unter sich, Kiwis auch. Man mag sich nicht, die Arbeits- und Lebenseinstellung ist einfach zu unterschiedlich. „Laid back“ ist eben nicht das Ding der Chinesen. Die Nachbarin ist tatsächlich auch nur in Auckland, damit ihr Sohn nicht in China durch das stark Wettbewerbs geprägte Bildungssystem muss. Hier ist halt alles entspannter. Sobald ihr Sohn jedoch irgendwo auf der Welt studieren geht, möchte sie zurück nach Shanghai. Die Chinesen wären einfach viel freundlicher und China wäre zudem viel sicherer. Hmm.. auch ne Meinung.

Eine weitere Sichtweise bekamen wir von einer US-Amerikanerin, die mit ihrer 5köpfigen Familie für mindestens zwei Jahre hier in Neuseeland bleiben will. Ihr Mann ist Therapeut, der online von zuhause seine Sitzungen macht, sie arbeitet halbe Tage im Krankenhaus als Krankenschwester und kann nicht glauben, wie entspannt ihre Woche hier ist im Vergleich zur 80 Stunden Woche in den USA. Sie geht mit einem schlechten Gewissen nach ihrem halben Tag heim und kann noch nicht glauben, wie sehr sich alles verändert hat. Ihr geht zwar die lockere Arbeitseinstellung ihrer Kollegen hin- und wieder auf den Keks, weil sie meint, in der Medizin wäre „laid back“ einfach keine gute Einstellung und hat sich damit schon den Ruf eingehandelt, ein wenig „aggressiv“ zu sein. Ihre Familie kommt aus Maine und ist froh, dort den harten Wintern zu entkommen. Samantha, die Krankenschwester, musste als Kind mit ihren Eltern für eine Zeit ins Ausland und „hat es gehasst“. Jetzt, rückblickend, findet sie die Erfahrung cool und will, dass ihre Kinder sie auch machen. Nun sind alle drei hier in der Schule und der eine will sich überhaupt keine Freunde suchen, weil er sich ja irgendwann wieder von ihnen verabschieden muss. Ihr Mann möchte eigentlich direkt dableiben, weil ihm die lockere Einstellung der Leute richtig gut reinläuft und sie scheint bisher ganz angetan, auch wenn sie der Meinung ist, dass hier nicht alles Gold ist, das glänzt. Aber wo ist das schon so? Jedenfalls gehen wir, bevor wir Auckland verlassen, einmal alle zusammen „Lawn Bowling“ spielen und Bier trinken, jedenfalls Kai und Samantha werden Bier trinken, ihr Mann und ich eher nicht 😉

Insgesamt gibt es hier also eine Menge Menschen aus aller Herren Länder, jeder hat seine eigene Agenda und andere Erwartungen. Viele wollen mehr Sicherheit, die meisten kommen aber, um ihren Kindern eine bessere Zukunft zu ermöglichen.

Anderes Thema: Wir haben endlich unser Auto! Es wird ein Hyundai Imax, der 4 Jahre alt und viel über die Südinsel gefahren ist. Darin haben wir ne Menge Platz, es ist ein sogenannter „People Mover“. Morgen werden wir ihn abholen und wollen mal stark hoffen, dass das Ding noch lange richtig gut läuft. Dafür mussten wir aber dann heute auch ne Menge Bargeld besorgen und das geht ja hier nur über Kreditkarten. Wir haben extra eine Barclaycard gemacht, weil man damit auch im Ausland kostenlos Geld abheben kann. Die Automaten der ANZ, BNZ und ASB machten aber mit allem möglichen Probleme, wollten die Karte zum Teil nicht mal nehmen. Wo man mit der Barclay-und auch anderen Karten überhaupt keine Probleme hat, sind die Westpac Automaten. Wir werden also morgen unser Auto kaufen können. Und bei der Westpac machen wir dann ein Konto, weil wir dann auch eine Cash-Card bekommen, mit der wir dann in viel mehr Läden einfacher bezahlen können.

Mit Samantha, der Amerikanerin, haben wir uns gestern bei Mount Eden in einer deutschen Bäckerei getroffen. Olaf`s Artisan Bakery ist ein sehr gemütlich gestaltetes Lokal mit langer Theke, netten Bedienungen, deutschem Brot und vielen anderen ganz leckeren Dingen. Und gutes Brot brauchen wir Deutschen doch 🙂

See you soon!