Posted by kobold_spellweaver / No comments

2020-01-27

Ku(h)rioses und fast Wissenwertes: Rotoorangi

Posted in Neuseeland, Travel

Ja, verzeiht das etwas platte Wortspiel, aber das war zu reizvoll 🙂 Unsere Gastgeber hier in Te Awamutu (Rotoorangi) sind Penny und Doug, zwei der sehr modernen Rinder-Farmer hier in Neuseeland. Wir kennen Milchwirtschaft bisher aus dem Zillertal, aus einem kleinen Bio-Betrieb, wo von Hand gemolken und die Kühe ab und an mal gekrault werden. Aus Deutschland kennt man eher, dass Kühe im Stall stehen und nicht viel raus kommen.

Die langen Betontröge unter den Geländern sind für die Fütterung
Kuh-Dusche
Sammelplatz vor dem Melk-Rondell
Die Plätze auf dem Rondell sind wegen uns leer, die Kühe waren abgelenkt und wollten eher starren als einparken. Penny, in dem blauen Oberteil, dockt die Kühe an. Doug, grüner Overall, überwacht den ganzen Prozess.

Hier auf der Farm läuft alles ganz anders: Da hat also unser Bauer Doug 400 Milchkühe, die man bis zum letzten (Burger-Pattie) gut nutzen kann: Eine Kuh kostet (hat Kai recherchiert) ca. 1.500 USD und liefert am Tag ca. 20 l Milch (die Kühe hier sind aber alle auf der Farm gezeugt und nicht zugekauft worden). Doug und Penny ernten hier also hocheffiezient mit reiner Arbeitzeit von 2 Stunden melken 8.000 l Milch am Tag. Die wird direkt nach dem Melken auf 5 Grad runtergekühlt und in Tanks gepumpt, die alle 1-2 Tage abgeholt wird. Im März, wenn Kalbzeit ist, gibt es weniger Milch. Danach steigt die Leistung wieder an. Wenn so eine Kuh dann als Milchkuh „aussortiert“ wird, wird sie geschlachtet und ihr Fleisch in die USA geliefert und das wird dort dem fettigeren US-Beef beigemischt, weil das NZ-Fleisch einen besseren Geschmack hat, da die Tiere hier Gras fressen und auf der Weide stehen. Die Kuh wird also letztendlich zu Burger-Buletten verarbeitet. Gibt also nochmal Geld. Dafür muss Doug aber nicht mal eine Stall bauen und die Arbeit investieren, den dann auch noch ständig auszumisten. Die Tiere stehen das ganze Jahr auf der Weide, haben feste Laufwege zum Melkrondell, den sie zweimal am Tag zur gleichen Zeit aus eigenem Antrieb gehen, sie besteigen das Melk Rondell alleine und verlassen es nach einer Umdrehung wieder, dann fressen sie noch, was ihnen in die langen Tröge vor dem Rondell gekippt wurde und machen sich wieder auf Richtung Weide. Vermutlich entfällt auch das umständliche Füttern zwischen Herbst und Frühling, da die Wiesen dann bestimmt wieder mehr Gras haben als jetzt, wo hier alles verbrannt ist und Silage zugefüttert werden muss, weil das Gras bei weitem nicht ausreicht. Und auf einmal wird einem auch klar, warum man als Neuseeland-Farmer auf seinem großen Land auch Pool und Tennisplatz sowie ein Beachhaus an einem der begehrtesten Strände Neuseelands hat. Wenn alles gut durchdacht und organisiert ist, läuft der Laden fast von allein.

Tarjas neuer Freund, die beiden sind unzertrennlich
Car wash

Die Farmer-Familie ist super freundlich, wir dürfen hier alles mitbenutzen und sie vermieten hier ihr Cottage, weil sie ihr schönes Leben mit anderen teilen möchten. Als wir gestern von einem Ausflug wieder kamen, lagen Eier und frisch geerntetes Gemüse vor der Haustür. Wir können Fahrräder und Tennisschläger leihen, unser dreckiges Auto hier waschen und überhaupt: Richtig cool die beiden, entspannt und freundlich, immer was am anbieten und vorbei bringen. Heute fahren sie wieder zum Beachhaus, nachdem sie fertig gemolken haben.

Beer and Chicken
Brathuhn aus dem Feuerofen
Frühstück mit Aussicht
Wir werden das Farmleben vermissen!
Mia lernt hier gerade Autofahren, ab 16 kann sie die Learners-License beantragen und sich von uns das Fahren beibringen lassen

Wir waren gestern bei sehr hohen Temperaturen einen sehr heißen Ausflug machen: In Rotorua gibt es ein geothermales Zentrum, Te Puia, wo man den Rotorua Geysir anschauen kann und vorbei an heißen Quellen und blubberndem Schlamm über das Gelände läuft. Das fühlt sich an wie mit Fieber neben einer heißen Herdplatte zu liegen. Wenigstens brach der Geysir auf Kommando aus und wir mussten nicht ein halbe Stunde bis Stunde warten, bis das passiert. Auf dem ganzen Gelände stank es durchdringend nach den typischen faulen Eiern, die das Schwefelige so mit sich bringt. Mal zischt dort 115 ° Grad heißes Wasser aus einer Ecke, mal blubbert ein wenig Schlamm vor sich hin oder weiße Dampfschwaden ziehen über grellweiße Steinschichten. Es war aber gegen den blauen Himmel sehr schön anzuschauen.

In dem Zentrum gab es auch eine Ausstellung von Maori-Kunst und, endlich, ein Kiwi-Gehege, in dem der nachtaktive Schützling aller Neuseeländer bewundert werden konnte. Man läuft durch einen dunklen Tunnel mit dicker Verglasung und schaut in einem lang gezogenen Gehegen, in dem Nacht simuliert wird, einem kleinen Kiwi mit rundem Hintern zu, wie er eifrig mit seinem langen Schnabel an der Wurzel einer Pflanze rumhackt. Leider haben wir auch die ganze Zeit fast nur den Hintern gesehen, weil der Kiwi sich nicht rumdrehen wollte. Aber immerhin haben wir überhaupt einen gesehen, er hätte auch einfach irgendwo versteckt schlafen können. In freier Wildbahn Kiwis zu sehen ist fast unmöglich. Man kann hier zwar Führungen machen, aber bei den Führungen darf man kein Licht und keine Kamera benutzen und alles muss Dunkel und leise sein. Das Wappentier der Neuseeländer ist nämlich leider eigentlich ein ganz schönes Weichei und kann ohne extremen Schutz durch den Menschen in freier Natur nicht überleben. Er ist bedroht durch zu viele Touristen, durch Hunde, Katzen, Oppossums, Ratten…. Die Liste ist endlos. Er brütet auch seine Eier bei Stress nicht mehr aus. Überall stellen die Kiwis (Einwohner) deshalb Fallen auf, jagen die Räuber und Feinde der Kiwis (Weicheier), und wollen ganz Neuseeland am liebsten bis 2040 oder so raubtierfrei haben, damit der Kiwi nicht ausstirbt. Dafür müssen aber eine Menge andere Tiere sterben.

Kea Papageien

Genauso versuchen sie den einzigen alpinen Papagei Kea vor dem Aussterben zu retten, indem sie Ratten und Opossums mit dem Gift mit der Bezeichnung „1080“ vergiften, wobei die Köder aber von dem neugierigen Papagei ebenfalls immer wieder gefressen werden und er daran stirbt. Auch wenn ich jetzt Ratten und Opossums nicht als die Krone der Schöpfung bezeichnen würde, finde ich es schon ein wenig radikal, derartig gegen andere Arten vorzugehen, zumal Hunde und Katzen die Köder auch fressen können und die zu schützenden Tiere selbst daran sterben.

Darf ich vorstellen: Der Kiwi – entstanden mit freundlicher Nicht-Genehmigung der Zentrumsleitung, man durfte dort nicht fotografieren. Aber wir haben keinen Blitz benutzt und waren ganz leise

Überall hier in den Wäldern haben wir Fallen gefunden und jeder Neuseeländer kann sich welche für seinen Garten bestellen. Und auch wenn Katzen bisher noch aus den Häusern dürfen, werden sie ja auch immer einen Bedrohung für diese Tiere bleiben und irgendwann wird dann auch der Hausarrest für Katzen kommen. Und obwohl Neuseeland schon mit seinen eigenen Fauna-Problemen zu kämpfen hat, kam nach den veheerenden Bränden in Australien die Anfrage, ob die Kiwis nicht die Koalas haben wollten, die jetzt vom Aussterben bedroht sind, schließlich gäbe es in Neuseeland auch ein paar Eukalyptus-Bäume. Neuseeland hat abgelehnt.

Jetzt aber wieder zu unserem Ausflug: Wir waren auch noch bei den Redwood-Trees in Rotorua. Ein sehr schöner Wald mit bis zu 60 Meter hohen Bäumen mit rötlichen Stämmen. Man läuft wie durch eine Kathedrale, die Baumkronen weit über einem, unten viel freie Fläche, gute Luft und Ruhe, solange man allein ist. Es gibt hier auch einen Baumwipfel-Pfad, den man tagsüber und auch im Dunklen laufen kann, abends dann mit schöner Beleuchtung. Das haben wir dann auch gemacht. Es stellte sich jedoch heraus, dass das kein Geheimtipp war. Eine riesige Menge an Menschen wollte den Wipfelpfad im Dunklen laufen. Man musste sich also erst in eine Schlange stellen, dann eine halbe Stunde in Mini-Schritten bis zum Anfang und dort wurde man dann nochmal instruiert, was man dort tun und lassen soll. Endlich gingen wir hoch und…blieben bei der ersten Brücke schon stehen, weil dort die nächste Schlange war. Mehr als 8 Personen dürfen nicht auf die Brücken, also wartet man sich über den gesamten Pfad, weil immer mehr Leute da sind, als die Brücken fassen können, obwohl man schon sehr restriktiv nur Leute drauf lässt.

Die Ausleuchtung war wunderschön gemacht. Die riesigen Holzlampions, die bunten Scheinwerfer.. Vermutlich würden wir das nächste mal einfach unten auf dem Boden bleiben und unter dem Pfad entlang laufen. Man hat dort keine Staus, aber der Wald ist trotzdem beleuchtet und es wackelt nichts unter einem. Man läuft wie durch einen Märchenwald, die Leute sind im Dunklen auch naturgemäß viel ruhiger und das macht auch schon fast den ganzen Unterschied.

Zum Schluss kommt kam an einer riesigen Baumscheibe von einem Baum vorbei der 1952 gefällt wurde. Dieser Baum hat die Geburt Jesu miterlebt (also nicht live) und die Mayas und Johanna von Orleans überlebt. Auch das verheerende Feuer von Rom im Jahr 64 AD, das lag wohl daran, dass er nicht in Rom stand 😉

Cheers!