Posted by kobold_spellweaver / No comments

2020-06-19

The dog that could not fly

Posted in Neuseeland, Travel

Gestern hat Neuseeland seinen Wunderkind-Status unter den Corona-Wetteiferern verloren und mit eigener Nachlässigkeit das Virus wieder ins Land geholt. Man ist hier sehr entsetzt darüber und hat sogar die Nationalgarde beauftragt, künftig an den Grenzen dafür zu sorgen, dass die Regeln für die Einreise nicht mehr verletzt werden. Es sehr nachvollziehbar, dass diese zwei neuen, total vermeidbaren Fälle, die Gemüter erhitzen, schließlich hat „Team New Zealand“ hart dafür gekämpft, Corona-frei zu werden.

Blick von der Anhöhe oberhalb unseres Wohngebietes

Wir sind zwar mittlerweile alle wieder frei, zu tun und zu lassen, was wir wollen, aber dass die Grenzen und somit auch die Airlines der meisten Länder noch arg beeinträchtigt sind, macht uns jetzt schon länger zu schaffen. Wir bekommen immer noch keinen Flug für Tarja, die von der ganzen Misere um ihre Heimreise ja zum Glück nichts mitbekommt und ganz entspannt ist.

George, von PetTranport, der sich darum kümmern soll, dass eine Menge Tiere wieder von Neuseeland in den Rest der Welt befördert werden können, arbeitet rund um die Uhr, um zusammen mit seinen verzweifelten Klienten neue Wege zu suchen, Tiere trotzdem transportieren zu lassen. Manchen gelingt es, vorzugweise denen, die kleine Hunde oder Katzen haben, andere, mit solchen Kalibern wie Tarja, haben da weniger Glück. Nachdem ich gehört habe, dass Singapur den Flughafen für den Transitverkehr aus Neuseeland und Australien wieder öffnet, habe ich heute mit einem Mitarbeiter von deren Cargo-Sparte in Auckland telefoniert, und der war eigentlich recht optimistisch, dass da in den nächsten Tagen was gehen könnte. George, von PetTranport, den ich dann drauf angesetzt habe, mal mit denen zu sprechen, meinte aber, zur Zeit versprechen alle Airlines den Leuten viel, verschweigen aber, dass sie sie aus dem angefragten Laderaum sofort wieder rausbuchen, sobald Ladung mit höherem Transportwert reinkommen oder dass die Flüge woanders enden, als gewünscht. George steht auch kurz vor einem Burnout, da er in den letzten Wochen 15-17 Stunden pro Tage für seine verzweifelte und teilweise unverschämte Kundschaft arbeitet, kein Geld dafür bekommt, weil ja keiner fliegen kann und den meisten damit noch nicht mal geholfen hat. Ich hoffe, er hält noch durch, bis wir dran sind 🙂  und höre ihm verständnisvoll zu, wenn er sich ein wenig ausweint, bevor er endlich rausrückt mit dem eigentlich Grund für seinen Anruf.

Mia macht Tom einen Corona-Haarschnitt

Wir sind jetzt noch knappe zwei Wochen hier in Hamilton, dann ziehen wir erst mal nach Auckland/Ponsonby um. Ponsonby ist ein wunderschöner älterer Stadteil von Auckland, sehr zentral und mit schönen alten Bäumen, wir hatten Glück dort eine Art Villa Kunterbunt dort mieten zu können, die wir normalerweise mit Hund nicht bekommen hätten. Der Ortswechsel wird uns gut tun und die Nähe zu kleinen Restaurants, Shops und dem Meer sind nochmal ganz was anderes als das eher ländliche Hamilton. Unser Wohngebiet ist insgesamt doch sehr ruhig und beschaulich, da ist ein wenig Stadtleben nochmal ganz schön.

Die letzten vier Tage sind wir in Mangawhei im „Urlaub“ gewesen. Solange wir noch Zeit haben, wollen wir auch noch was schönes erleben. Also haben wir dort das „Glashaus“ gebucht und vier schöne Tage dort verbracht. Das Wetter hat zum Glück die meiste Zeit mitgespielt, Mangawhei ist ein süßer kleiner Küstenort mit sehr netten Menschen, einer Schokoladenfabrik, langen Stränden und viel schöner Aussicht übers Land. Mitten im Winter hatten wir am letzten Tag fast 20 Grad, es war wunderschön in der Sonne. Die Wiesen sind hier in der Gegend endlich saftig grün, was sie den ganzen Sommer über nicht waren, endlich sieht man die „rolling green hills“ und es sieht auch wunderschön aus. Für Tarja war es sehr ungewohnt, überall aus dem Haus soweit schauen zu können. Sie konnte die erste Nacht kaum schlafen, zumal der Mond schien und es draussen sehr hell war. Ein Haus nur aus Glas und Beton ist natürlich auch nicht ideal ausbalanciert, was Kälte und Wärme anbelangt. Man hat also wenn es warm ist, auch richtig viel Wärme im Haus und wenn es nachts kalt wird, ist das Haus auch relativ schnell sehr kalt und der riesige Wohn- und Küchenbereich wurde nur mit einem EINZIGEN Klimagerät „beheizt“, das die ganze Zeit lauwarme Luft rauspustet. Also lieber ne Sofadecke und eine Wärmflasche dazu nehmen oder den ganzen Abend in den Whirlpool setzen. So ein Haus benötigt eigentlich noch einen tollen Kamin, aber daran wurde leider gespart.

Zwei zufriedene Männer
Innenhof Schokoladenfabrik
Innenhof Schokoladenfabrik
Te Arei Forestry Beach
Schöner Schlafplatz
Am Strand gab es ein paar seltsame Fischfunde..
Blick vom Schlafzimmer.. so kann man aufwachen 😀

Morgen abend gehen wir das erste Mal Bowling spielen im“Bowl and Social“ hier in Hamilton, Samstag dann direkt die nächste Premiere: Rugby! Die Gallagher Chiefs (das Hamilton-Team) gegen die Auckland Blues im Super Rugby. Mal sehen, wie das so läuft 🙂

Ab und an waren wir auch mit Kashtin und Damon, unseren Hosts, unterwegs. Das sind immer ganz lustige Abende und wir sind froh, dass die beiden sich die Zeit nehmen. Kasthin ist drei Jahre älter als Tom und arbeitet bei Damon in der Firma, Damon hat die Firma „enlighten“ in Hamilton und ihm gehört das Haus, in dem wir wohnen. Kashtin ist Kanadier, seine Schwester lebt in Paris und arbeitet beim Cirque du Soleil als Luftakrobatin, seine Eltern waren in ihrem Leben schon fast in allen Ländern dieser Welt, also kein Wunder, dass alle Mitglieder der De Souza-Familie sehr unternehmungslustig sind. Damon hat eine russische Freundin, die in New York lebt und es vor dem Lockdown nicht mehr zurück nach Neuseeland geschafft hat und zur Zeit aufgrund der Einreisebeschränkungen auch nicht einreisen darf, daher hat Kasthin den beiden (er arbeitet als Damons Assistent und sammelt Berufserfahrung in der Firma) nun für 10 Tage eine Villa auf Tahiti gemietet, wo sie sich nochmal treffen können. Liebe in Zeiten von Corona 😀

Kasthin ist der mit der obszönen Geste, Damon sitzt ihm gegenüber

Dann waren wir nach so langer Zeit in Hamilton endlich auch mal im Zoo (der auch nur 2 km von uns entfernt ist) , der wirklich super schön angelegt ist, er hat interessante einheimische und internationale Tiere und ist sehr sauber und ordentlich. Am knuffigsten war das kleine Rhino, das erst kürzlich geboren ist. Wir haben zwar niemanden mehr im typischen Zoo-Alter, aber es war trotzdem nochmal schön.

Dann müssen wir natürlich auch noch unser Haus wieder in den Zustand vor unserem Einzug versetzen: Betten und Regale wieder dorthin stellen, wo sie vorher standen, Fliegendreck von unseren abendlichen Massakern von den Wänden entfernen… und natürlich alles wieder in Koffer packen und irgendwie in unserem zu kleinen Auto nach Auckland befördern. Das Auto hält hoffentlich noch durch, bis wir fliegen. Er verliert zur Zeit Öl und geht auch gerne mal im kalten Zustand aus…. keine guten Anzeichen 🙁

Opossum bei Nacht.. ist vor uns in den Baum geflüchtet

Die weltweite #blacklivesmatter-Bewegung aus den USA, entstanden durch die Polizeigewalt und den allgemeinen Rassismus gegen Menschen mit dunkler Hautfarbe, hat auch Neuseeland erreicht und die Maori nutzen die Gunst der Stunde, um einige in ihren Augen verletzende und beleidigende Relikte aus der kolonialen Vergangenheit loszuwerden. In Hamilton wurde die Statue des Namensgebers Captain John Fane Charles Hamilton entfernt. Hamilton, der in einer Schlacht um Land starb, war seit langem eine umstrittene Figur und den Maori ein Dorn im Auge.  Doch damit nicht genug, die Stadt soll auch wieder ihren alten Maori-Namen bekommen, der Kirikiriroa lautet.  Was sich für uns eher wie eine Werbung für Frischkäse anhört, bedeutet übersetzt soviel wie „langer steiniger Streifen“. Darüber muss nun abgestimmt werden. Wir sind sehr gespannt, wie die Abstimmung ausgeht und wie political correct man sich gegenüber den Maori verhalten möchte. Man wollte auch Jacinda Ardern zu der Umbenennung befragen bzw. ihr die Entscheidung aufdrängen, da sie aus Hamilton kommt, aber sie hat das an den Stadtrat zurück gespielt, sie müsse schon genug andere Entscheidungen treffen. Recht hat sie. Für Leute, die kein Maori verstehen, sind jedoch die Stadt- und Straßennamen sehr schwer zu merken, weil vieles sehr gleich klingt und schwer auszusprechen ist, und da einem der Wortsinn komplett entgeht, kann man auch keine Herleitungen dafür finden. Aber das ist ja nicht mehr lange unser Problem.

Uns bleibt nun nichts anderes, als das Beste aus der verbleibenden Zeit zu machen und zu hoffen, dass sich der weltweite Wahnsinn bald ein wenig legt.

Cheers!