Posted by kobold_spellweaver / No comments

2019-12-12

Windy Welly

Posted in Neuseeland, Travel

Wir sind gut in Wellington angekommen und nein, wir waren nicht auf White Island zu einem Abstecher, wir haben den Vulkanausbruch überlebt, wir möchten auch keine Vulkane besichtigen. Vielen Dank an alle, die nachgefragt haben, ob wir noch leben! Erster Eindruck von Wellington: Sehr positiv! Ein sehr schöne, entspannte Stadt, viel Waterfront, viel Wassersport, viel entspanntes Feiern abends in den Pubs am Wharf, jedenfalls im Moment, wo es auf Weihnachten zugeht. Hier geht man halt vor Weihnachten an den Badestrand, es gibt einen schönen Stadtstrand, aber man hat auch einen Weihnachtsmarkt auf die Beine gestellt, den wir am Samstag mal testen werden, der geht aber nur bis 4 Uhr Nachmittags, das ist eigentlich die Zeit, wo es auf dem Weihnachtsmarkt in Deutschland erst richtig losgeht. Glühwein wird es wohl auch keinen geben, aber da es ja irgendwas geben muss, wird das wohl eine spannende Erfahrung!

Wellington ist als die windigste Stadt Neuseelands berühmt, die exponierte Lage sorgt für starke Windströmungen. Außerdem ist Wellington die einzige Hauptstadt der Erde, die innerhalb des Einflussbereichs der „Roaring Forties“  (Quelle: Wikipedia) liegt. Der Begriff „Roaring Forties“ bezeichnet eine Zone starker Westwinddriften zwischen 40° und 50° südlicher Breite. Aber trotz dieser besonderen Lage treten schwere Stürme eher im Herbst und im Winter auf. Wie uns aber gestern ein Kassierer erzählt hat, haben wir einen recht starken Sturm gerade verpasst, der war nämlich erst letzten Sonntag. Windig ist es hier auch schon die ganze Zeit, immer ein wenig böig.

Wir haben hier eigentlich ein sehr schönes Haus mit Blick auf das Meer (in der Ferne). Und, wie soll es anders sein: auf einem steilen Hügel mit einer steilen Zufahrt! Beim ersten Hochfahren (rückwärts) sind Tom die Reifen ordentlich durchgedreht. Also probieren wir wieder jedes Mal aus, wie wir ohne aufzusetzen hoch kommen. Wir haben eine Menge Fensterfronten, alles Holzfenster, einfach verglast, ein Teil des Hauses ist vor zwei Jahren schön renoviert worden, andere Teile.. eher nicht.Es gibt, wie überall im Ausland, ne Menge Teppich und schwere Gardinen, alte Sofas aus rotem Leder. Es riecht überall recht muffig, gerade in den Schlafzimmern, wogegen auch Lüften nicht viel hilft, aber man gewöhnt sich dran. Dafür ist es richtig hell im Haus und damit freundlich. Und die schöne Aussicht ist natürlich genial.

Blick von der Terrasse am Tag
und in der Dämmerung
Grillen im Backyard, unser Weber würde weinen..aber was will man tun!

Unsere Vermieter sind zur Zeit selbst im Ausland, London, und mussten sich schon ein wenig mit uns rumschlagen. Sie haben das Haus vor zwei Jahren selbst erst gekauft und hier ist eine Safe Guard Alarmanlage installiert gewesen, die sie abgeschaltet und abgemeldet hatten. Nun hat diese Alarmanlage an unserem ersten Abend beschlossen, dass genug ist mit Ruhe und ging zwischen 8 und 9 Uhr abends immer mal wieder mit großem Getöse an und wieder aus. Wir haben mit allen möglichen telefoniert, der Nachbarin, der Vermieterin, dem Safe Guard Service, bei dem sie nicht mehr gemeldet sind… keiner könne was machen und ob wir überhaupt sicher wären, dass das die Alarmanlage wäre, die wäre doch schon lange nicht mehr in Betrieb… tja, blöd.. Am nächsten Abend dann um 8 Uhr das gleiche Spiel, schrilles Geschrei mit Blaulicht auf unserer Terrasse, immer mal wieder unterbrochen. Wir haben dann wieder der Vermieterin geschrieben, sie müsse sich kümmern, wir würden das Gerät mit Kurzschluss nicht anfassen und die Nachbarn würden demnächst mit Mistgabeln vorbei kommen. Dann kam doch tatsächlich eine Stunde später ihre Freundin mit einem Elektriker im Schlepptau, der dann mit Ohrenschutz das Ding endlich komplett vom Strom genommen hat und dann hatten wir Ruhe… bis heute morgen, da meldete der Feuermelder zwitschernd, dass seine Scheiß-Batterie leergeht! Ich vermute, wir sind genau im Wartungsfenster des Hauses hier aufgeschlagen.

Man stellt in Wellington am Straßenbild schon direkt fest, dass es hier europäischer zugeht als z. B. in Auckland. Auckland hat so viele Hautfarben zu bieten und die Asiaten bilden einen großen Anteil daran. Hier in Wellington gibt es mehr „typische“ hellhäutige Europäer und weniger Asiaten. Die Stadt wirkt insgesamt sehr sauber und ruhig, geordnet und freundlich. Wenn man mal irgendwo ein wenig verwirrt rumsteht und noch überlegt, wo man hergehen soll, fragt einen schon jemand, ob man sich verlaufen hätte und wo man denn hin wolle.

Wir haben uns in Wellington in Macs Brewhouse mit Ruth und ihrem Mann getroffen, beide sind vor 14 Jahren aus Südafrika hergekommen, er arbeitet bei der Stadt in der IT, sie haben drei Kinder, die zwischen 21 und 35 Jahren alt sind und Tom hat Ruth in Karlsruhe bei Drogerie Müller kennen gelernt, als sie mit ihrer Tochter, die eigentlich jetzt in Melbourne lebt, auf einer 12tägigen Busfahrt durch verschiedene europäische Länder war.  Es gab auch einen Stopp in der Touristenhochburg Karlsruhe und in den fünf Minuten, die sie dort aus dem Bus durfte, hat sie Tom dann erzählt, dass sie eigentlich aus Wellington kommt und da haben sich die beiden dann für hier verabredet. Der eine Sohn von Ruth lebt als Profi-Kickboxer in Thailand, hat kürzlich sein Gesicht neu sortiert bekommen und der andere Sohn ist zurück nach Südafrika, weil er dort auf einer Hochzeit seine Jugendliebe wieder getroffen hat. So ist die ganze Familie recht verstreut. Aber beide sagen: „Wellington ist total super, wir wollen nie wieder zurück nach SA und wir haben nicht einmal die doppelte Staatsbürgerschaft gemacht, so wenig wollen wir jemals wieder zurück.“ 

Auf diesem Bild steht:

Umgehauen von Wellington? Das könnte am Wind liegen! Unser anhaltender Nordwestwind beschleunigt sich durch die Cook Strait und beschert uns im Durchschnitt an 173 Tagen im Jahr Windstärken über 60 km/h. Südliche Winde verstärken sich ebenfalls durch die schmale Öffnung, sie waren für die stärksten Stürme aller Zeiten in Neuseeland im Jahr 1968 verantwortlich, bei denen Windgeschwindigkeiten von bis zu 270 km/h erreicht wurden, das ist doppelte Hurrikane-Stärke! Die Windmess-Instrumente am Wellingtoner Flughafen wurden dabei zerstört, eine der Fähren zwischen der Nord- und Südinsel fuhr auf dem Barrett Reef auf Grund, 51 Menschen wurden dabei getötet.

Bei solchen Gesprächen erfährt man immer eine Menge über Land, Leute und Städte, wir wissen jetzt, dass die Überfahrt zur Südinsel sehr holprig werden kann (gut. dass Mia diesen Blog nicht liest), dass, wenn es in Wellington „richtig kalt ist“ es niemals Minustemperaturen gibt und dass der Weihnachtsmarkt nur ein Handwerkermarkt ist. Man geht früh ins Bett und steht spät auf, man schwitzt bei 22 Grad, wenn man sich mal ans Klima angepasst hat und kann auch im Winter kurzärmelig rumlaufen (das wage ich mal stark zu bezweifeln). Flüge nach Australien sind billiger, als im Land oberhalb von Auckland irgendwohin zu fliegen und der Graduation Day der Unis wird hier ähnlich groß begangen, wie in den USA, mit Roben und Hüten, einer Parade durch die Stadt und später gehen alle essen und feiern.

Cheers!